Klimawandel

Indigene Völker und ihre Rechte müssen im Zentrum der Umwelt- und Klimabewegung stehen. Dafür kämpft Survival – und gegen Klima-Scheinlösungen.
 
© Lafforgue/Survival International
 
Indigene Völker stehen an der Frontlinie der Klimakrise. Sie leben dort, wo die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt am stärksten sind und ihr Lebensunterhalt und ihre Lebensweise sind weitgehend von ihrer natürlichen Umwelt abhängig. Sie sind durch den Klimawandel stärker gefährdet als andere Gesellschaften, aber sie sind die Menschen, die am wenigsten zu seiner Entstehung beitragen
 
Viele der Triebkräfte des Klimawandels – darunter Öl- und Gasförderung, Bergbau und Entwaldung – haben bereits indigenes Land zerstört.
 
Einige der vorgeschlagenen „Lösungen“ zur Eindämmung des Klimawandels bedrohen auch das Land und das Leben indigener Völker. „Minderungsmaßnahmen“, wie die so genannten „natürlichen Klimalösungen“, drohen ihre Rechte zu verletzen und machen es Regierungen, Unternehmen, großen Naturschutzorganisationen und anderen leichter, ihr Land zu stehlen, auszubeuten und zu zerstören.

Indigene Völker müssen wichtige Partner im Kampf gegen den Klimawandel sein und ihre Landrechte müssen anerkannt werden. Sie sind die besten Hüter der Natur, und es ist erwiesen, dass ihre Gebiete die beste Barriere gegen Abholzung sind. Sie verfügen über ein einzigartiges Wissen über ihre Umwelt.

Survival International kämpft an vorderster Front gegen falsche und ablenkende „Lösungen“, die die Rechte indigener Völker verletzen und es multinationalen Konzernen ermöglichen, ihr Image „grün zu waschen“, während sie nichts tun, um die Klimakrise zu stoppen.

Indigene Völker sind die besten Hüter der Natur, und es ist erwiesen, dass ihre Gebiete, wenn sie die Kontrolle über ihr Land haben, den besten Schutz gegen die Abholzung darstellen. Sie verfügen über ein einzigartiges Wissen über ihre Umwelt und haben sich seit Generationen um sie gekümmert. Daher müssen sie die wichtigsten Partner bei der Bewältigung der Klima- und Umweltkrise sein.

 
„Der Klimawandel hat in unserem Land begonnen. Die reichen Länder haben viele Kilometer des Amazonas-Regenwaldes verbrannt und zerstört. Wenn man große Bäume fällt und den Wald in Brand steckt, trocknet die Erde aus. Die Welt muss auf den Schrei der Erde hören, die um Hilfe bittet.“ 
Yanomami, Brasilien

Das Gebiet der Ayoreo-Totobiegosode wurde durch Farmer aufgekauft. Viele Wasserquellen sind dadurch versiegt © Survival International

Wogegen kämpfen wir?

Survival kämpft gegen weit verbreitete Greenwashing-Anstrengungen, die von profitgierigen Unternehmen und der Naturschutzindustrie betrieben werden: Anstatt sich auf die Reduzierung der Emissionen fossiler Brennstoffe, den übermäßigen Verbrauch und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen für Profit zu konzentrieren, verletzen diese die Rechte indigener Völker und stehlen ihr Land, um den Status quo zu erhalten. Wir stellen uns gegen den Abbau von Nickel in Indonesien für Elektroautobatterien, der das Leben und das Land der unkontaktierten Hongana Manyawa zerstören wird. Wir setzen uns auch gegen ein Projekt zur blutigen Kompensation von Kohlenstoff im Norden Kenias ein, mit dem Naturschutzorganisationen Gewinne erwirtschaften, die es umweltschädlichen Unternehmen ermöglichen, die Umwelt weiter zu schädigen, während sie das Land rauben und die Lebensweise zahlreicher Hirt*innengemeinschaften angreifen.

Naturbasierte Lösungen

Dieser Begriff steht für die Förderung von Maßnahmen wie dem Pflanzen von Bäumen, der Renaturierung von Lebensräumen und der Erhaltung von Wäldern zur Speicherung von CO2 in der Atmosphäre und zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels. Das hört sich vielleicht gut an, aber konkret bedeutet es:

„Festungsnaturschutz“

Indigene Völker werden im Namen von „Naturschutz“ illegal von ihrem angestammten Land vertrieben, um Nationalparks und andere Schutzgebiete zu schaffen, die den Klimawandel abschwächen sollen. Es wird argumentiert, dass Schutzgebiete vor Abholzung und anderen kohlenstofffreisetzenden Aktivitäten "schützen" können und somit zum "Ausgleich" von Kohlenstoffemissionen an anderer Stelle verwendet werden könnten. In der Praxis bedeutet dies, dass Schutzgebiete zur Erzeugung von Kohlenstoffzertifikaten genutzt werden können, die umweltverschmutzende Unternehmen, Regierungen oder Einzelpersonen auf dem Markt kaufen können, um ihre Emissionen "auszugleichen". Gleichzeitig werden in denselben Gebieten indigene Völker für eine Umweltzerstörung verantwortlich gemacht, die sie nicht verursacht haben. Sie werden der "Wilderei" beschuldigt, wenn sie ihre Nahrung jagen, und der "Überweidung", wenn sie ihre Tiere nachhaltig weiden lassen. Und sie werden in ihren eigenen Gebieten von Parkrangern verhaftet, geschlagen, gefoltert und getötet, während zahlende Großwildjagende und Tourist*innen begünstigt werden.

Große Naturschutz-NGOs wie der WWF haben gedrängt, die Zahl der Schutzgebiete weltweit zu verdoppeln, so dass sie dreißig Prozent der Land- und Meeresflächen der Erde bedecken. Dieselben NGOs arbeiten mit Holzfirmen und Unternehmen zusammen, die für enorme Kohlenstoffemissionen und Umweltschäden verantwortlich sind. Dieser Vorschlag der 30 % wurde auf dem COP15-Gipfel in Montreal zwischen Regierungen vereinbart - und wird den größten Landraub der Geschichte darstellen.
Falls es umgesetzt wird, wird dieses Vorhaben schreckliche Folgen für unsere Umwelt und die indigenen Völker haben. Es wird denjenigen das Land stehlen, die am besten in der Lage sind, es zu schützen, und es wird die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Ursachen der Umweltzerstörung ablenken. Viele Schutzgebiete laden zum Massentourismus ein und sie beherbergen oft Trophäenjagd, Abholzung und Bergbau.

Für weitere Informationen schließe dich unserer Kampagne zu Dekolonisierung des Naturschutzes an. #DecolonizeConservation

Diese Khadia-Männer wurden von ihrem Land vertrieben, nachdem es in ein Tigerreservat verwandelt wurde. Sie lebten monatelang unter Plastikplanen. Millionen weiteren Menschen droht dieses Schicksal, wenn der 30%-Plan umgesetzt wird. © Survival

Andere Projekte zur Kohlenstoff-Kompensation

Die Idee von Projekten, die auf „Kompensation“ basieren, besteht darin, dass Unternehmen und Regierungen, die für eine bestimmte Menge an Kohlendioxidemissionen verantwortlich sind, Projekte an anderen Orten finanzieren können, die die gleiche Menge an Kohlenstoff „einfangen“. Sie können dies durch den Kauf von Kompensationen auf den Emissionsmärkten erreichen. Die Verwendung dieser Begriffe vermittelt die Vorstellung, dass es möglich ist, Emissionen zu "kompensieren", obwohl es dabei viele wissenschaftliche und praktische Probleme gibt. Außerdem können die wahren Verursacher von Umweltverschmutzungen durch Kompensationsgeschäfte ihr Image grünwaschen, während sie nichts tun, um ihre Emissionen zu verringern, sondern sie sogar weiter verstärken.

Zurzeit gibt es zwei Möglichkeiten, dies zu tun. Beide sind unwirksam gegen den Klimawandel und gefährlich für indigene Völker. Und sie lenken auch Geld um, das in die Verringerung der Emissionen fossiler Brennstoffe laufen sollte.

Projekte wie REDD+, die angeblich Wälder vor der Abholzung schützen, generieren Kohlenstoff-„Gutschriften“, die Unternehmen und Regierungen kaufen können, um ihre Kohlenstoffemissionen „auszugleichen“. Indigene Menschen haben wiederholt ihre Besorgnis über REDD+ geäußert. Die Projekte hängen ein Preisschild an ihr Land und ihre Wälder, das wahrscheinlich zu noch mehr Landraub führen wird. Ein großer Teil der weltweiten Wälder in REDD+-Programmen sind Territorien indigener Völker oder anderer lokaler Gemeinschaften. Diese Projekte untergraben ihre Lebensweise, während sie die Kontrolle über ihr Land verlieren.

Eine weitere Möglichkeit, erhebliche Mengen an Kohlenstoff "abzuspeichern", ist das Pflanzen von Bäumen. Aber viele Kompensationsprojekte säen Monokulturen mit nur wenigen schnell wachsenden Baumarten wie Eukalyptus und Akazie, um Geld zu verdienen. Tatsächlich werden die meisten dieser Plantagen in wenigen Jahren geerntet, um Produkte wie Papier und Holzkohle herzustellen, wodurch der gesamte gebundene Kohlenstoff schnell wieder in die Atmosphäre gelangt. Außerdem sind viele der neuen Plantagen anfälliger für Brände, und sie müssten in jedem Fall jahrzehntelang wachsen, bevor sie viel Kohlenstoff binden. Am wichtigsten ist vielleicht, dass die Ersetzung anderer Ökosysteme, wie z. B. Grasland, durch Baumpflanzungen die bestehende Artenvielfalt zerstört, und zudem die Lebensgrundlage der indigenen und lokalen Bevölkerung, die von den natürlichen Ressourcen des Gebiets abhängig ist, vernichtet.

Für weitere Informationen, lies unseren Leitfaden zur Dekolonisierung von Sprache im Naturschutz.

 „Wir haben die Erfahrungen anderer indigener Völker gesehen, die REDD und seine Kohlenstoffkredite und Naturschutzprojekte akzeptiert haben. Sie können nicht mehr jagen, Feldfrüchte anbauen oder Materialien verwenden, die sie für Feste und Rituale benötigen. Wir wissen, wie wir uns um die Natur kümmern müssen, weil sie unsere Mutter ist, und wir wollen kein weiteres Abkommen über Emissionsgutschriften, weil dies nur eine weitere Möglichkeit ist, uns von unserem heiligen Land zu entfernen.“ 

Kayapo, Brasilien

Survival führt derzeit eine Kampagne zur Beendigung von CO2-Ausgleichsprojekten in Schutzgebieten, in denen die Rechte indigener Völker verletzt werden. Für weitere Informationen besuche unsere Seite Blutiges CO2.

 

Batterien für Elektroautos

Weltweit bewerben Regierungen und Autokonzerne Elektrofahrzeuge als "ethische" Alternative zu herkömmlichen Autos und als Schlüsseltechnologie zur Reduzierung des Ölverbrauchs und zur Bekämpfung des Klimawandels. Doch der überstürzte Umstieg auf Elektrofahrzeuge ist weder ethisch noch umweltfreundlich. 

Das Streben nach Metallen wie Lithium und Nickel gefährdet Ökosysteme und die Lebensgrundlagen indigener Völker in mehreren Regionen weltweit. Der Abbau von Nickel birgt zurzeit das Risiko, ein unkontaktiertes Volk in Indonesien auszulöschen. Die unkontaktierten Hongana Manyawa sind bereits auf der Flucht vor dem Nickelabbau, der ihr angestammtes Land verwüstet und ihre Flüsse zerstört.

Das Projekt ist Teil des Plans der indonesischen Regierung, durch den Abbau und die Schmelzung von Nickel und anderen Mineralien zu einem wichtigen Hersteller von Batterien für Elektroautos zu werden. Die unkontaktierten Hongana Manyawa haben zwar nichts zum Klimawandel beigetragen, laufen aber Gefahr, durch die Umstellung der industrialisierten Welt auf Elektroautos ausgelöscht zu werden.

© Eramet

Wofür kämpfen wir?

Lösungen für die Klimakrise und die Umweltprobleme müssen die menschliche Vielfalt und die Rechte indigener Völker respektieren. Daher müssen diese Lösungen antirassistisch, antikolonial und in Gerechtigkeit verwurzelt sein. Und sie müssen die wahren Ursachen der Umweltzerstörung angehen: die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen aus Profitgründen und der wachsende Überkonsum, der vom Globalen Norden vorangetrieben wird. 

Dieser Ansatz bedeutet, dass Regierungen die Rechte der indigenen Völker respektieren, schützen und aufrechterhalten müssen, einschließlich der Anerkennung ihrer Landrechte. Dies ist bei weitem der wirksamste und gerechteste Weg, die biologische Vielfalt zu schützen. 

Wir wissen, dass diese Lösungen nicht einfach umzusetzen sind, aber sie sind echt und sie funktionieren.

Indigene Völker sind die besten Naturschützer - ihre Gebiete schützen große Teile der weltweiten biologischen Vielfalt und sind ein Bollwerk gegen die Entwaldung. 

Indigene Völker und ihre Rechte müssen im Mittelpunkt von Klima- und Umweltmaßnahmen stehen. Es ist an der Zeit, den Naturschutz zu dekolonisieren, die Rechte indigener Völker anzuerkennen, sich nicht länger hinter falschen Lösungen zu verstecken und die wahren Ursachen der Umweltkrise anzugehen. 


„Das Geschenk der biologischen Vielfalt gehört im Moment uns, aber wenn wir es verlieren, werden wir nicht nur die Tiere und die Pflanzen verlieren, sondern auch wir Menschen werden darunter leiden. Ich kann Ihnen sagen, dass es hier Flüsse gibt, deren Betten austrocknen, und das ist noch nie passiert. Heute können wir keine wilden Mangos mehr essen wie früher in der Trockenzeit, weil sie nicht mehr so wachsen wie früher. Das sind nur einige der Veränderungen, die durch die Zerstörung des Waldes geschehen.“
Baka, Kamerun
© Nicolas Marino
 
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