Davi Kopenawa Yanomami

© Sue Cunningham/Survival

Eine Biografie des Amazonas-Anführers und Schamanen.

Brasilianischer indigener Anführer sowie Schamane und Präsident der Hutukara Yanomami Association (HYAY)

Davi Kopenawa ist ein Schamane und Sprecher des Yanomami-Volkes aus Brasilien sowie ein prominenter indigener Anführer und Denker. 25 Jahre lang führte er unermüdlich die langjährige nationale und internationale Kampagne für die Landrechte der Yanomami an, für die er weltweit Anerkennung fand. Das Yanomami-Territorium wurde von der brasilianischen Regierung offiziell anerkannt, kurz bevor diese 1992 Gastgeber des ersten UN-Erdgipfels in Rio de Janeiro („Rio-Konferenz“) war.

Er hat zahlreiche Reisen außerhalb Brasiliens unternommen (darunter drei Reisen nach Deutschland), um Regierungen und Institutionen zur Achtung der Rechte indigener Völker und zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes zu bewegen. Heute steht er an der Spitze der Kampagne zur Ausweisung aller illegalen Goldgräber*innen und kriminellen Banden, die illegal im Gebiet der Yanomami tätig sind. 

Im Jahr 2010 brachte er zusammen mit dem Anthropologen Bruce Albert sein bahnbrechendes Buch „Der fallende Himmel - Worte eines Yanomami-Schamanen“ heraus. Es wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht; die deutsche Ausgabe erschien Ende Oktober 2024.

Davi und die Yanomami-Organisation Hutukara wurden 2019 mit dem Right Livelihood Award (auch als Alternativer Nobelpreis bekannt) ausgezeichnet, „für ihre mutige Entschlossenheit, die Wälder und die biologische Vielfalt des Amazonasgebiets sowie das Land und die Kultur seiner indigenen Völker zu schützen“. 

Davi war die erste indigene Person, die 2020 in die Brasilianische Akademie der Wissenschaften (ABC) gewählt wurde.

Davi wurde um 1956 in Marakana geboren, einer Yanomami-Gemeinschaft am Oberlauf des Flusses Toototobi im brasilianischen Bundesstaat Amazonas, im nördlichen Amazonasgebiet, als die Yanomami weitgehend unkontaktiert lebten. Seine Gemeinschaft wurde durch Krankheiten dezimiert, die von Regierungsbeamten und Missionaren eingeschleppt worden waren und in den Jahren 1959 und 1967 in dem Gebiet grassierten. Viele Mitglieder seiner Familie, darunter auch seine Mutter, starben bei diesen Epidemien. 

Davi wurde Zeuge der verheerenden Auswirkungen einer Straße, die von der Militärdiktatur in den 1970er Jahren mit Bulldozern durch das Land der Yanomami gerissen wurde, als Bauarbeiter*innen Masern und die Grippe in die isolierten Yanomami-Gemeinden brachten. Da sie gegen diese Krankheiten nicht immun waren, starben viele Yanomami. 

In den 1980er Jahren drangen 40.000 Goldgräber*innen illegal in das Land der Yanomami ein und brachten erneut mehrere tödliche Krankheiten mit, gegen die die Yanomami keine Abwehrkräfte besaßen. Bis 1993 starben 20 % der Yanomami, vor allem durch Krankheiten und gewaltsame Übergriffe. Davi reiste innerhalb Brasiliens und international, um diesen Völkermord anzuprangern und Unterstützung für die Kampagne für die Landrechte der Yanomami zu gewinnen. 

Das Yanomami-Territorium wurde von der brasilianischen Regierung offiziell anerkannt, kurz bevor sie 1992 Gastgeberin des ersten UN-Erdgipfels in Rio de Janeiro war. Mit einer Fläche von über 9,6 Millionen Hektar (96.650 Quadratkilometer – etwas größer als Portugal) ist es die Heimat von über 30.000 Yanomami und eines der wichtigsten Gebiete für die biologische Vielfalt. Die von den Yanomami in Brasilien und Venezuela bewohnte Fläche ist das größte bewaldete indigene Gebiet der Welt. 

Davi hat eine Schlüsselrolle dabei gespielt, viele Yanomami-Gemeinschaften im Widerstand gegen Bergleute und mächtige Unternehmen, die ihr Land rauben wollen, zu vereinen. Im Jahr 2004 gründete er die Yanomami-Vereinigung Hutukara. Ihre Kampagnen haben erfolgreich dazu beigetragen, das in den 1970er Jahren von Viehzüchter*innen gestohlene Land der Yanomami zurückzugewinnen, die Regierung zur Einhaltung der Verfassung zu verpflichten und wissenschaftliche Einrichtungen in den USA zu zwingen, Hunderte von Blutproben zurückzugeben, die den indigenen Menschen ohne deren Zustimmung entnommen worden waren. Sie half beim Aufbau eines Netzwerks von Yanomami-Waldschulen und organisierte Workshops und Treffen, um Yanomami-Jugendliche und -Frauen zur Teilnahme an Projekten zu ermutigen, um die Verbindungen zwischen schamanischer Heilkunst und westlicher Medizin zu stärken. 

Seit 2016 hat eine neue Invasion von über 20.000 illegalen Goldgräber*innen und kriminellen Banden das Gebiet der Yanomami überrollt, mit verheerenden Auswirkungen auf ihre Gesundheit und den Wald. Die Bergleute haben Gemeinschaften angegriffen, Männer ermordet und Frauen und Mädchen vergewaltigt. Viele Yanomami starben an Malaria und viele Kinder sind derzeit schwer unterernährt. Das von den Bergleuten verwendete Quecksilber ist in das Ökosystem gelangt, und die Quecksilberkonzentration in einigen Gemeinden, die in der Nähe der Abbaugebiete leben, ist bis zu dreimal so hoch wie die von der WHO empfohlenen Werte. Davi hat diese humanitäre Katastrophe energisch angeprangert und sich zusammen mit mehreren Yanomami-Organisationen für eine medizinische Notversorgung eingesetzt. 

Wenn er nicht gerade Kampagnen führt, verbringt Davi viel Zeit in seiner Gemeinde Watoriki (der Ort des Windigen Berges) und praktiziert Schamanismus. Er ist mit Fátima verheiratet und hat sechs Kinder, darunter ein adoptiertes Mädchen, und mehrere Enkelkinder. 

Wichtige Daten

1989 erhält Davi eine UN Global 500-Auszeichnung in Anerkennung seines Kampfes für die Erhaltung des Regenwaldes, in dem die Yanomami leben, und für die Sicherung einer Zukunft für sein Volk. Er arbeitet eng mit der brasilianischen NRO CCPY (Pro Yanomami Commission) zusammen, um sich für die Landrechte der Yanomami einzusetzen. 

Er verlässt Brasilien zum ersten Mal auf Einladung von Survival International, um in deren Namen den Right Livelihood Award oder „Alternativen Nobelpreis“ während einer Zeremonie im schwedischen Parlament entgegenzunehmen.

Davi sprach über die schrecklichen Auswirkungen der Invasion der Goldsucher auf die Gesundheit und die Umwelt der Yanomami und warnte, dass die Yanomami nur überleben können, wenn ihre Landrechte anerkannt werden. Der Preis wurde in Anerkennung der Bemühungen von Survival verliehen, den Yanomami zu helfen und ihren Erfolg bei der „Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Bedeutung der Weisheit der traditionellen Völker für die Zukunft der Menschheit“ zu würdigen. 

1990 Davi nimmt an der internationalen Konferenz des World Council of Indigenous Peoples of the Arctic in Tromso, Norwegen, teil.

1991 Davi reist zum ersten Mal in die USA und trifft amerikanische Senator*innen, den UN-Generalsekretär und Mitglieder der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. 

1992 Das Gebiet der Yanomami wird von der brasilianischen Regierung offiziell anerkannt. Davi vertritt die indigenen Völker des Amazonasgebiets bei den Vereinten Nationen in New York anlässlich der offiziellen Eröffnung des UN-Jahres für die indigenen Völker der Welt. 

1999 wird Davi von Präsident Fernando Henrique Cardoso in Anerkennung seiner Arbeit für das Volk der Yanomami mit dem Orden des Rio Branco ausgezeichnet. 

2004 Davi gründet die Hutukara Yanomami Association (benannt nach dem alten Himmel, aus dem die Erde entstanden ist), um das Eintreten der Yanomami für ihre eigenen Rechte auszubauen und zu stärken. 

2007 besucht Davi zum ersten Mal Deutschland. Er trifft Regierungsbeamte und Politiker*innen in Berlin. Dazu gehört auch ein Besuch im Bundeskanzleramt, bei dem er einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergibt, in dem er die Umsetzung der ILO 169 fordert, der einzigen rechtsverbindlichen Konvention über die Rechte des geistigen Eigentums, die später von Deutschland ratifiziert wurde.

2008 Die Jury des spanischen Bartolomé de las Casas-Preises verleiht Davi eine Ehrenvolle Erwähnung für seine „herausragende Führungsrolle bei der Verteidigung des Yanomami-Volkes und anderer indigener Völker in Brasilien“. 

2010 veröffentlicht Davi in Zusammenarbeit mit dem Anthropologen Bruce Albert „Der fallende Himmel“. Teils Autobiografie, teils Kritik am Materialismus und Überkonsum der industrialisierten Welt, zeichnet er ein detailliertes und reichhaltiges Porträt des Yanomami-Volkes und ihrer Lebensweise und beschreibt seine Initiation als Schamane und seinen Kampf zur Rettung des Waldes und der indigenen Völker vor der Zerstörung und der Gier der „Weißen“. 
Er reist nach München, um das Amazonas-Musiktheater in drei Teilen bei der Münchener Biennale - Internationales Festival für neues Musiktheater - uraufzuführen. Die Oper ist in Zusammenarbeit mit Davi und den Yanomami von Watoriki und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) entstanden.

2012 verleiht die Gemeindekammer von Boa Vista Davi die Honra ao Mérito Rio Branco in Anerkennung seiner Verdienste um die Yanomami-Gemeinschaft im Bundesstaat Roraima als Sprecher seines Volkes

2018 Davi begleitet Claudia Andujar nach Weimar, wo sie für ihre fotografische Arbeit und ihren Einsatz für das Volk der Yanomami mit der Goethe-Medaille, der höchsten zivilen Auszeichnung Deutschlands, ausgezeichnet wird.

2019 erhalten Davi und Hutukara den Right Livelihood Award für ihre „mutige Entschlossenheit, die Wälder und die biologische Vielfalt des Amazonasgebiets sowie das Land und die Kultur seiner indigenen Völker zu schützen“. Sie erhalten die Auszeichnung im schwedischen Parlament. 

2020 Davi wird in die Brasilianische Akademie der Wissenschaften (ABC) gewählt - als erste indigene Person. Er prangert vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf die Invasion für den Goldabbau im Gebiet der Yanomami an und weist auf die Gefahren für unkontaktierte Yanomami-Gruppen hin.

2021 gewinnt der Film „Der letzte Wald“, für den Davi als Berater tätig war, den Publikumspreis der Internationalen Filmfestspiele Berlin.

2022 erhält er die Ehrendoktorwürde der Bundesuniversität von Roraima, Brasilien. Er wird eingeladen, dem Übergangsteam des gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva beizutreten. 

2023 erhält er die Ehrendoktorwürde der Bundesuniversität von São Paulo (Unifesp). „Holding up the Sky“, ein Film über Davi und seinen Kampf zur Verteidigung der Yanomami und ihres Waldes, wird in Genf vorgestellt.

2024 feiert der Karneval der Sambaschule Academicos do Salhgueiro die Yanomami und ihre Weisheit. Eine Gruppe von Yanomami, zu der auch Davi gehört, nimmt an der Karnevalsparade teil.
Davi nimmt an der Weltpremiere des Films „The Falling Sky“ bei den Filmfestspielen von Cannes teil. Er hat eine Privataudienz bei Papst Franziskus im Vatikan.

Für eine detailliertere Chronologie von Davis Leben klicke bitte hier.

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