30x30 und „naturbasierte Lösungen“: die neue grüne Kolonialherrschaft

Diese Khadia-Männer wurden von ihrem Land vertrieben, nachdem es in ein Tigerreservat verwandelt wurde. Sie lebten monatelang unter Plastikplanen. Millionen weiteren Menschen droht dieses Schicksal, wenn der 30%-Plan umgesetzt wird. © Survival

 

Ursprünge und Geschichte

- Der Begriff „naturbasierte Lösungen" tauchte erstmals 2009 in einem Positionspapier der IUCN für die globalen Klimaverhandlungen auf.

- Generell sind damit heutzutage Mechanismen gemeint, die die Auswirkungen des Klimawandels abschwächen sollen – wie das Pflanzen von Bäumen, die Wiederherstellung von Lebensräumen oder die Erhaltung von Wäldern zur Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre.

- Die Idee wurde als Mittel zur Bewältigung der Klimakrise verkauft. Aber mittlerweile ist sie zu einem Mittel geworden, um sich vor der Bewältigung der Krise zu drücken, weil sie eine einfache Lösung zu bieten scheint, die nicht bedeutet, weniger fossile Brennstoffe zu verbrennen – was die einzige wirkliche Antwort ist.

- Die Naturschutzindustrie treibt die Idee der „naturbasierten Lösungen“ voran, weil sie mit dem Verkauf von Emissionszertifikaten aus ihren Schutzgebieten riesige Summen verdienen kann, um neue Schutzgebiete zu finanzieren.

 
Wie funktionieren naturbasierte Lösungen?

- Der Klimawandel wird durch die Freisetzung von CO2 in die Atmosphäre verursacht – hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe – die einzig wirksame Lösung wäre es, diese Emissionen zu stoppen.

- Doch die Vertreter*innen/Befürworter*innen naturbasierter Lösungen konzentrieren sich stattdessen darauf, die Emissionen auszugleichen. Zum Beispiel durch die Einrichtung von Schutzgebieten, die „Wiederherstellung“ der Natur oder das Pflanzen von mehr Bäumen.

- Sie werden von vielen Ölfirmen, anderen Umweltverschmutzer*innen und denjenigen unterstützt, die am Emissionshandel verdienen.

- In einer Abhandlung aus dem Jahr 2017 („Natural Climate Solutions“), die größtenteils von Nature Conservancy verfasst wurde, wird behauptet, dass „naturbasierte Lösungen“ 37 % der bis 2030 benötigten „kosteneffizienten“ CO2-Minderung liefern könnten – doch die Arbeit weist erhebliche Mängel auf.

 
Woher stammt der Ausdruck "30×30"?

- Es handelt sich dabei um den Vorschlag zahlreicher Regierungen, die Schutzgebiete für die „Natur“ bis 2030 auf 30 % der Erdoberfläche (etwa das Doppelte der derzeitigen Fläche) auszuweiten. Dieser wird von allen großen internationalen Naturschutzorganisationen unterstützt und gefördert.

- Für diese Forderung gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Grundlage und sie ignoriert die Umweltzerstörung durch den übermäßigen Konsum im Globalen Norden und die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen für Profite, die weitergehen wird, wenn nichts unternommen wird. 

 
Was läuft falsch?

- Emissionsausgleich: Das Konzept basiert auf der Annahme, dass es in Ordnung ist, die Umwelt weiter zu verschmutzen, solange man irgendwo ein paar Bäume pflanzt oder bestehende Wälder „bewahrt“. Aber dadurch wird der CO2-Ausstoß insgesamt nicht verringert; die Emissionen fossiler Brennstoffe steigen weiter an und das in Bäumen und anderen „natürlichen Ökosystemen“ gespeicherte CO2 wird sehr leicht durch Brände oder andere Einflüsse wieder freigesetzt. Oftmals werden dabei einfach riesige Monokulturen mit schnell wachsenden Bäumen errichtet.

- Falsche wissenschaftliche Behauptungen: Die Hypothese, dass 37 % des Klimawandels bis 2030 durch „naturbasierte Lösungen“ verhindert werden könnten, ist wissenschaftlich nicht belegt. Die Menge an CO2, die in der Realität bis 2030 von der „Natur“ absorbiert werden könnte, ist viel geringer.

- Unternehmen: „Naturbasierte Lösungen“ ermöglichen ein „Business-as-usual“: Die Unternehmen ergreifen nicht die notwendigen Maßnahmen, um ihre Emissionen rasch zu reduzieren.

- Geld: Der Natur wird ein Preis gegeben, damit sie auf Märkten frei gehandelt werden kann. Aber viele Menschen lehnen dieses Konzept ab, denn das Geld wird einfach von den Unternehmen kommen, die weitermachen wie bisher – und in die Taschen der Naturschutzindustrie fließen.

- Naturschutzgebiete: Noch mehr Naturschutzgebiete zu schaffen, bedeutet die Vertreibung von Millionen von indigenen Völkern und lokalen Gemeinden von ihrem Land – doch gerade sie sind die besten Hüter der Natur.

- Landraub: Für die Bepflanzung von Wäldern, um auch nur die Hälfte der 37 % der Klimaschutzziele durch „naturbasierte Lösungen“ zu erreichen, wäre eine Fläche fast so groß wie Australien erforderlich – wo ist dieses Land, und was wird mit den Menschen geschehen, die dort derzeit leben?

- Nahrung: Woher sollen die Menschen bei so vielen Naturschutzgebieten und anderen landhungrigen Ansätzen – à la
„naturbasierte Lösungen“ – ihre Nahrung nehmen? Wir müssten die landwirtschaftliche Nutzung in anderen Teilen der Welt intensivieren, um den Verlust an landwirtschaftlicher Nutzfläche zu kompensieren. Das würde bedeuten, dass sich die Ernährungsgewohnheiten von Millionen von Menschen ändern müssen ¬– oder sie verhungern.

- Rewilding: Dieses Konzept, das oft als Teil der naturbasierten Lösungen vorgeschlagen wird, betrachtet Mensch und Natur als getrennt voneinander. Aber alle unserer artenreichsten Landschaften sind seit Jahrtausenden von Menschen bewohnt und geprägt worden – sie sind keine „Wildnis“. Und noch immer leben Menschen in ihnen und sind von ihnen abhängig.

- Und schließlich ... lösen sie das eigentliche Klimaproblem nicht. Es zeigt mit dem Finger weg von der wahren Ursache des Klimawandels – dem CO2-Ausstoß, der überwiegend im globalen Norden verursacht wird.

 

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