Brasilien entlässt Experten für unkontaktierte Völker: Aufruf warnt vor „Genozid“
7 Oktober 2019
Diese Seite wurde 2019 erstellt und enthält möglicherweise Formulierungen, die wir heute nicht mehr verwenden würden.
Brasilianische Expert*innen haben eine vernichtende Erklärung veröffentlicht, in der sie davor warnen, dass „der Genozid [an unkontaktierten Völkern] im Gange ist".
Die Warnung folgt auf die Entlassung von Bruno Pereira, dem Leiter der brasilianischen Regierungsabteilung, die für den Schutz des Landes unkontaktierter Völker zuständig ist.
Die Expert*innen sind „äußerst besorgt“, dass Pereira „ohne ersichtlichen technischen Grund“ entlassen wurde und dass seine Entlassung „einen weiteren Rückschritt in der Politik zum Schutz unkontaktierter Völker darstellt“. Sie stellen fest, dass „dieser Umbruch den Genozid an unkontaktierten und kürzlich kontaktierten indigenen Völkern provozieren wird".
Zu den Unterzeichner*innen der Erklärung gehören frühere Leiter*innen der Einheit für unkontaktierte Völker in der Regierungsbehörde FUNAI, Angehörige indigener Völker sowie ehemalige und gegenwärtige „Sertanistas“, welche Expeditionen leiten, um die Territorien unkontaktierter Völker zu überwachen und Eindringlinge fernzuhalten.
Die Expert*innen glauben, dass die Entlassung Pereiras den totalen Abbau der langjährigen Regierungspolitik zum Schutz unkontaktierter Völker einleiten wird. Brasilien schützt bisher das Land unkontaktierter Völker, damit sie selbst über ihr Leben bestimmen können – eine international anerkannte Politik, die der einzige Weg ist, um das Überleben und Wohlbefinden unkontaktierter Völkern zu ermöglichen.
In Brasilien leben mehr unkontaktierte Völker als irgendwo sonst auf der Welt. Unkontaktierte Völker sind indigene Völker ohne dauerhaften friedlichen Kontakt zur Mainstream-Gesellschaft. Sie sind für ihr Überleben völlig von ihrem Land abhängig. Die gewaltsame Kontaktaufnahme mit unkontaktierten Gemeinden und der Diebstahl ihres Landes könnten sie auslöschen.
Präsident Bolsonaro und seine Minister*innen haben einen aggressiven Angriff auf die indigene Bevölkerung Brasiliens begonnen, von dem unkontaktierte Völkern schwer betroffen sind. Die Invasion indigener Gebiete, einschließlich der Wälder der unkontaktierten Yanomami und Awá, ist seit dem Amtsantritt von Bolsonaro am 1. Januar 2019 in die Höhe geschnellt.
Im Zusammenhang mit seinen Plänen, den Amazonas-Regenwald für Agrarwirtschaft und Bergbau zu öffnen, hat Präsident Bolsonaro erklärt, dass er unkontaktierte Völker in die Mainstream-Gesellschaft „integrieren“ will.
In diesen Tagen reisen auch Dutzende indigene Völker auf Einladung von Papst Franziskus in den Vatikan, wo eine dreiwöchige Synode beginnt, die sich um ihren Kampf für den Schutz ihres Landes dreht.
Survival International und seine Unterstützer*innen in über 100 Ländern kämpfen mit indigenen Völkern und Expert*innen in Brasilien, um den Völkermord in Brasilien zu stoppen. Seit 1969 leitet Survival die globale Kampagne zum Schutz der Gebiete unkontaktierter Völker.
Fiona Watson, Leiterin der Forschungsabteilung von Survival International, sagte heute: „Seit Jahrzehnten ist Brasilien führend beim Schutz des Landes unkontaktierter Völker und erkennt an, dass sie die verwundbarsten Gesellschaften der Welt sind.“
„Aber Präsident Bolsonaro beabsichtigt eindeutig, diese Arbeit einzustellen, und er will indigene Gebiete in ganz Brasilien für Holzfäller, Bergleute und Viehzüchter öffnen. Es ist ihm egal, wie viele indigene Völker dabei sterben, und er hat seine rassistische Verachtung für sie bei vielen Gelegenheiten offen zum Ausdruck gebracht. Dies ist ein entscheidender Moment für die Zukunft unkontaktierter Völker und damit für die gesamte Menschheit. Entweder stehen die Menschen auf der ganzen Welt Seite an Seite mit den indigenen Völkern, die um ihr Überleben kämpfen, oder wir werden Zeuge werden, wie vor unseren Augen Völkermord begangen wird.“